Besonderheiten Landwirtschaft

Eheverträge haben in der Landwirtschaft eine lange Tradition. Oftmals wurden Vereinbarungen zum Güterstand, Altersvorsorge und Unterhalt mit einem Mustervertrag des örtlichen Notars geregelt. Dies ist seit 2005 höchst gefährlich, denn seit 2005 unterliegen Eheverträge der richterlichen Kontrolle: Im Streitfall kann also der Richter den Vertrag insgesamt für unwirksam erklären oder abweichende Regelungen anordnen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn er die Versorgung nach einer Scheidung nicht für angemessen geregelt erachtet. Aber auch die Unterhaltsreform von Anfang 2008 verlangt nach individuellen Regelungen. Der Bundesgerichtshof wiederholt regelmäßig in seiner Rechtsprechung, dass das Unterhaltsrecht an den individuellen Gegebenheiten auszurichten ist. Hier ist zu berücksichtigen, ob die Kinderbetreuung in ausreichendem Maß gesichert ist, was gerade im ländlichen Bereich schwierig sein dürfte.

Beispiel:
Das Ehepaar Max und Lena trennen sich. Die beiden Kinder sind 7 und 9 Jahre alt. Die schulische Mittagsbetreuung endet um 15 Uhr. Die Kinder müssen von der Schule abgeholt werden. Grundsätzlich wäre Lena verpflichtet, einer Ganztagstätigkeit nachzugehen. Kann sie jedoch nachweisen, dass wie hier keine weitere Betreuungsmöglichkeit besteht, muss Max weiter Ehegattenunterhalt bezahlen.

Heute stammen nicht mehr alle Bäuerinnen selbst aus einem landwirtschaftlichen Betrieb. Viele junge Frauen haben vor der Heirat einen Beruf erlernt, den sie für die Familie und die Mithilfe im Betrieb aufgeben. Auch dies muss in einer Vereinbarung ausreichend Berücksichtigung finden. Das Unterhaltsrecht knüpft daran an, ob sogenannte „ehebedingte Nachteile“ bestehen, also, ob jemand für die Familie seine berufliche Karriere zurückgestellt hat und ob eine Rückkehr in den erlernten Beruf möglich ist.

Beispiel:
1) Lena war vor der Ehe Arzthelferin und übt diesen Beruf auch während der Ehe 20 Stunden die Woche aus, da die Schwiegereltern noch in der Landwirtschaft mitarbeiten. Kann sie nach einer Trennung auf eine Vollzeittätigkeit aufstocken, werden keine ehebedingten Nachteile entstehen. Es ist dann nur für eine Übergangszeit Unterhalt zu leisten.
2) Lena war vor der Ehe Steuerfachangestellte. Sie hat 10 Jahre im Beruf ausgesetzt, da in kurzer Folge 3 Kinder geboren wurden. Hier wird ein Wiedereinstieg mit dem alten Gehalt kaum realistisch sein. Kann sie also nur einen Beruf mit geringerem Einkommen ausüben, ist von Max über einen langen Zeitraum Unterhalt zu leisten.

Des Weiteren ist ebenfalls daran zu denken, dass die „Alten“ immer älter werden und an Krankheiten leiden, die oftmals eine häusliche Pflege nicht möglich machen. Dann kommen teure Pflegeplatzkosten auf die Familie zu.

Leben also 3 Generationen vom Betrieb, übersteigt dies oft die finanziellen Grenzen und Möglichkeiten.

Oftmals wird bei Selbständigen und insbesondere bei Landwirten häufig bei der Berechnung des Unterhalts darüber gestritten, wie hoch das tatsächliche Nettoeinkommen ist, das für die Berechnung zu Grunde gelegt wird. Die zahlreichen steuerlichen Regelungen für Landwirte werden im Unterhaltsrecht oft abweichend bewertet, häufig zugunsten des Unterhaltsberechtigten.

Es macht hier in vielen Fällen Sinn, die Unterhaltshöhe in einer Vereinbarung zu regeln, um die Unsicherheit bei Bewertungsfragen zu vermeiden.

Es sind also vor einem Ehevertrag die konkreten Familienverhältnisse und die weitere Planung zu erfassen, um dann eine maßgeschneiderte Lösung zu finden. Hierbei sollte auch im Auge behalten werden, dass ein gemeinsames Kind ggf. den Hof übernehmen soll, also ein gutes Verhältnis mit dem anderen Elternteil bestehen bleiben muss.

Auch die Wahl des Güterstandes kann im Falle eines Scheiterns der Ehe den Bestand des Betriebes gefährden.

Beispiel:
Josef und Cindy heiraten ohne Ehevertrag im Jahr 2000. 2001 wird der Stammhalter geboren, 2002 übergeben Josefs Eltern den Hof mit Ackerflächen und 3.000 qm Bauerwartungsland im Speckgürtel von München. Dieses lässt Josef brach liegen. Das Bauerwartungsland ist zum Zeitpunkt der Übergabe EUR 90.000 wert. Im Jahr 2008 wird ein Bebauungsplan erstellt, das Bauerwartungsland wird nun Bauland. Der Wert ist jedoch nun auf insgesamt EUR 900.000 gestiegen. Januar 2009 trennt sich Cindy, der Scheidungsantrag wird im Dezember 2009 zugestellt, der Grundstückswert ist unverändert. Die Bewertungsfragen sind hier ähnlich wie oben fürs Erbrecht dargestellt gelöst. Der Betrieb wird mit dem Ertragswert bewertet, außer es handelt sich im Liebhaberei.

Für die Bewertung des Grundstücks wird hier jedoch der Verkehrswert angesetzt, da es nicht landwirtschaftlich genutzt wird. Der Gesetzgeber wollte nur den „Kernbetrieb“ schützen.

Im Falle der Scheidung ist der Zugewinn von Josef auszugleichen. Angenommen, der Betrieb hätte sich im Wert nicht verändert und es wäre auch kein sonstiges Vermögen vorhanden, hat Josef einen Zugewinn von EUR 810.000 (EUR 900.000 ./. EUR 90.000). Der Anspruch auf Zugewinn ist die Hälfte davon. Cindy würde also EUR 405.000 von Josef bekommen. Josef wird also Grund verkaufen müssen.

Gerade im Bereich der Landwirtschaft hat die Rechtsprechung zahlreiche Ausnahmen und Abweichungen zugunsten des scheidenden Ehegatten entwickelt, nämlich dann, wenn keine klassische Betriebsform besteht, z.B. wenn Grund und Boden weitgehend verpachtet wird.

Im obigen Fall hätte in einem Ehevertrag der Güterstand dergestalt abgeändert werden können, dass das Bauerwartungsland nicht vom Zugewinn erfasst wird, sog. „modifzierte Zugewinngemeinschaft“.

Die Eheleute können in einem Ehevertrag den Güterstand ändern. Entweder in eine Gütertrennung, dann gibt es im Fall einer Scheidung keinerlei Ausgleich, oder in eine Gütergemeinschaft. Die Gütertrennung wird in vielen Fällen zu ungerechten Ergebnissen führen, wenn der Ehepartner im Betrieb mitarbeitet. Bei der Gütergemeinschaft wird eingebrachtes oder in der Ehe erworbenes Vermögen gemeinschaftliches Eigentum. Der einheiratende Ehegatte arbeitet also nicht auf einem „fremden“ Hof mit, sondern er wird Miteigentümer. Dies verstärkt oft die Bindung zum Hof und die Bereitschaft zum Arbeitseinsatz. Im Falle einer Scheidung muss dann dieses Miteigentum wieder entflochten werden.

Auch hier bietet sich an, dies bereits „in guten Zeiten“ zu klären.

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